Das Alter ist abgeschafft, die Generation 50plus fühlt sich jünger als jemals zuvor. Chefredakteurin Sabine Ingwersen und Trendforscher Professor Peter Wippermann diskutieren darüber, warum Innovationen sich nicht immer nur um die Generation Y drehen müssen.
Professor Peter Wippermann, Gründer des Trendbüro Hamburg, entwickelte den Begriff Best Ager vor 25 Jahren in einer Studie für die Bauer Media Group. In der Zwischenzeit wurden aus den Best Agern die Zielgruppe 50plus.
Die Generation 50plus schreckt nicht vor Dating-Apps zurück. Sie ist flexibel und selbstbewusst*. Im Jahr 2035 wird knapp die Hälfte der Deutschen 50 Jahre und älter sein. Bereits 2006 wurden den Älteren 2.200 Milliarden Euro und damit mehr als 60 Prozent des Vermögens aller Haushalte zugeordnet. Die Generation 50plus konsumiert dabei so viel wie jüngere Generationen. Doch dieses Potential haben viele Unternehmen noch immer nicht entdeckt: Marketing, Werbung und auch viele Verlage konzentrieren sich größtenteils auf die Ökonomie der ersten Lebenshälfte. Damit bleiben unzählige Erfolgschancen ungenutzt. Die Bauer Media Group hat bereits 2012 reagiert und mit dem Launch von Meins ein Magazin speziell für Frauen 50plus herausgebracht. Meins wurde so gut angenommen, dass die Erscheinungsfrequenz erhöht wurde und das Heft seit Mai 2016 alle vierzehn Tage erscheint.
Im Interview diskutieren Meins-Chefredakteurin Sabine Ingwersen und der Trendforscher Peter Wippermann darüber, wie sich die Zielgruppe 50plus verändert hat und warum Innovationen sich nicht immer nur um die Generation Y drehen müssen.
Frau Ingwersen, Sie und Peter Wippermann sind Zielgruppenspezialisten. Was macht die „Generation 50plus“ aus?
Sabine Ingwersen: Wir Frauen 50plus sehen jetzt unsere Chancen in allen Bereichen. Der Nebel der vergangenen Jahre hat sich verzogen. Dieses Alter bedeutet Freiheit und die schenkt uns jetzt unsere beste Lebensphase: Wir machen nicht nur das, was am Besten ist, sondern entscheiden uns für das, was uns glücklich macht.
Peter Wippermann: Menschen über 50 sind Individualisten, wie die jüngeren Generationen auch. Als vor 25 Jahren der Begriff Best Ager von der Bauer Media Group ins Leben gerufen wurde, beschrieb er Menschen, die im ruhigen Fahrwasser des Lebens angekommen waren. Die Generation 50plus von heute startet oft noch einmal ganz neu durch: Ein neuer Job, große Reisen, der familiäre Neubeginn. Das belegen die Scheidungsraten oder sogar die Zahlen von Portalen wie Tinder: Bis Ende 20 ist die Aktivität hoch, ab Ende 40 steigt sie ebenfalls extrem.
Herr Wippermann, Sie unterstützen im Rahmen Ihrer Trendforschung den Bundesverband Initiative 50Plus als Botschafter: Worum geht es dort?
Peter Wippermann: Das Alter wurde – vor allem werblich gesehen – abgeschafft. Konsum konzentriert sich auf die Jugendkultur, obwohl mehr als die Hälfte unserer Bevölkerung über 50 Jahre alt ist. Der Bundesverband für Ältere ist eine Lobbyvereinigung, die darauf hinweist, welches Potential mitten in unserer Gesellschaft existiert.
„Die Zielgruppe 50plus erfindet die Art, wie man älter wird, neu.“ Frau Ingwersen, warum ist diese Erkenntnis für Unternehmen wichtig?
Sabine Ingwersen: Viele Unternehmen hinken noch der Realität hinterher. Bis vor einigen Jahren endete die Anzeigenrelevanz bei der Zielgruppe 49. Heute kann sich vor allem die Generation 50plus mehr leisten. Reisen, Fashion, Hobbies – den Träumen sind keine Grenzen mehr gesetzt.
Peter Wippermann: Gerade in diesem Segment sind deshalb viele Zeitschriften entstanden. Eine verhaltene Aufbruchsstimmung ist spürbar. Langsam wächst die Erkenntnis, dass das Lebensende mit 50 noch ziemlich fern ist.