Zu viele Business-Meetings?

Kerstin Walkert
Kerstin Walker, veröffentlicht am 9. Oktober 2018
Manager Corporate Communications / redaktionelle Leitung Bauer Media Blog

Meetings – immer wieder ein großes Thema in vielen Unternehmen. Manche MitarbeiterInnen verbringen heutzutage bis zu 30 Stunden (!) pro Woche in Besprechungen. Entsprechend wenig Zeit bleibt, um Themen abzuarbeiten oder wie man so schön sagt, “auch mal vom Tisch zu bekommen“. Doch wie gestalten wir Zusammenkünfte besser, effektiver und sinnvoller? 

Zwar gilt der Grundsatz, dass viel Reden auch viel hilft, doch nicht jedes Meeting ist wirklich zielführend. Oft dauern Meetings zu lange, manche führen zu keinem Ergebnis oder es gibt – schlimmstenfalls – keinen richtigen Anlass und man kommt nur zusammen, weil es der wöchentliche Serientermin diktiert.

Studien zur „Meetingitis“ belegen, dass nur 58 Prozent aller Meetings handfeste Ergebnisse hervorbringen. Viel zu gern lassen sich Mitarbeiter durch das Lesen von E-Mails oder die Nutzung sozialer Medien ablenken: Der Studie „Science of Success: How to keep people engaged during meetings“ zufolge, für die 2.250 internationale Führungskräfte befragt wurden, lesen mehr als 70 Prozent während eines Meetings ihre E-Mails. So manch einer hat zugegeben, sogar schon einmal kurz eingenickt zu sein…

Wer sich mit dem Thema „Meeting-Kultur“ auseinandersetzt, stößt auf massenweise Suchergebnisse mit Tipps, Listen und Vorlagen auf spezialisierten Websites wie lucidmeetings.com oder agile-verwaltung.org. Aber welches Format sollte wie, wann, wo und mit wem genutzt werden? Allein, sich die diversen Arten von Meetings zu vergegenwärtigen, ist zwar hochinteressant, aber auch sehr zeitaufwendig und schlicht „erschlagend“. Wir haben ja schließlich auch noch andere Sachen zu tun.

Quelle: lucidmeetings.com

Gibt es also einfache und leicht umsetzbare Ansätze, mit denen es gelingt, die Meeting-Kultur nachhaltig zu verbessern?

Wir haben dazu Detlev Kluge befragt. Detlev ist “agiler Coach” bei der Bauer Xcel Media und kümmert sich dort um Prozess-Verbesserungen und Organisations-Entwicklung. Meetings – und deren Verbesserung – sind auch für ihn immer wieder ein Thema.

Detlev, Du bist ein Verfechter agiler Methoden. Was können wir daraus lernen, um Meetings einfach besser zu machen?

Detlev Kluge: Agile Methoden bedeuten zunächst einmal, nicht gleich alles perfekt lösen zu wollen, sondern sich der Lösung Schritt für Schritt zu nähern: Das Thema Meeting-Kultur ist zu komplex, um es in einem großen Wurf auflösen zu können. Unser “Jedi-Schwert” in der agilen Toolbox ist diesbezüglich ein als PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act) bekannter Problemlösungsprozess: Erst planen, dann durchführen, dann prüfen, dann darauf reagieren und wieder handeln. Dieser Zyklus wird immer wieder neu durchlaufen und führt – in kleinen gut verdaulichen Dosierungen – zu kontinuierlicher langfristiger Verbesserung. Egal, ob man seine Meeting-Kultur verbessern möchte oder ein umfangreiches Projekt vor der Brust hat.

Dabei ist es wesentlich, überhaupt erst einmal einen Weg zu finden, um sich einem Thema anzunähern. Wir bei der Bauer Xcel Media arbeiten deshalb in Arbeitsgruppen, die bei uns “Communities of Practice” oder kurz CoP heißen. In solch einer CoP haben wir gemeinsam überlegt, wie wir unsere Meetings besser organisieren können.

“Communities of Practice” oder kurz CoP bezeichnen Gruppen von Personen, die ein gemeinsames Anliegen oder eine Passion für etwas besitzen, um durch den regelmäßigen Austausch zu lernen und besser zu werden. 

Hast Du ein Beispiel, das diese Herangehensweise verdeutlicht?

Detlev Kluge: Wir haben Schritt für Schritt Ideen entwickelt und Lösungen erarbeitet, von denen wir denken, dass sie uns bei der Meeting-Organisation und bei der Durchführung von Meetings helfen können.

Daraus haben sich – in einem ersten Schritt – folgende Kern-Prinzipien ergeben:

  1. Agenda: Jedes Meeting braucht eine Agenda
  2. Timeboxing: Jedes Thema bekommt einen klaren vorgegebenen Zeitrahmen.
  3. Moderator: Ein Kollege ist für den Ablauf verantwortlich.
  4. Visualisierung: Wir alle lernen besser über Bilder: Mitschreiben am Flipchart oder Whiteboard hilft, um die Inhalte besser zu verstehen.
  5. Verbesserung: Es geht immer noch besser! Am Ende eines Meetings überlegen wir, was nächstes Mal anders – optimaler ­ laufen könnte.

Das klingt interessant. Wie habt ihr dann weiter gemacht?

Detlev Kluge: Das eine ist, Regeln zu haben ­– das andere, sie auch zu leben (lacht). Wir wollen mit einfachen Mitteln dafür sorgen, dass alle im Team unsere Regeln kennen und adaptieren. Deshalb haben wir Plakate entwickelt und sie – unübersehbar – in unseren Meeting-Räumen aufgehängt.

Wie funktioniert der Mix aus Organisation und Nettiquette?

Detlev Kluge: Im Großen und Ganzen sehr gut und wir konnten andere Bereiche animieren, nachzuziehen. Einige Teams kamen wegen der Plakate auf mich zu, um Tipps und Anregungen für interne Meetings zu bekommen. Insgesamt konnten wir unsere Meeting-Kultur nachhaltig verbessern.

Aber es wäre vermessen, zu behaupten, wir hätten das Thema endgültig gelöst. Wichtig ist aus meiner Sicht, zu verstehen, dass man mit solchen Themen nie fertig ist. Wir überlegen schon jetzt, wie wir den nächsten Schritt gehen können und was es braucht, um noch besser zu werden.

Vielleicht probieren wir einmal einen spielerischen Ansatz aus, um neue Impulse zu bekommen. Eine Möglichkeit bieten die Pioneer-Navigator-Karten. Diese sind mit Aussagen wie „Psst! Einzelgespräche stören“ oder „Ich brauche eine Pause“ beschriftet und jedes Teammitglied kann bei Bedarf eine Karte zücken. Oder wir werden radikaler und stellen jedem frei, ob er an einer Besprechung teilnimmt oder nicht: Es liegt in der Verantwortung des Einzelnen zu entscheiden, wie die eigene Zeit am produktivsten einzusetzen ist (Zeit für eine neue Meetingkultur – zur Idee von freiwilligen Meetings).

Danke Detlev – und viel Erfolg im nächsten Meeting!

Detlev Kluge: Vielen Dank. Was ich gerne noch mitgeben würde ist, dass agile Methoden oder agile Herangehensweisen in der Regel nichts radikal Neues sind. Der wesentliche Unterschied besteht darin, Dinge wirklich auch zu machen und auszuprobieren. Dann können manchmal schon kleine Schritte sehr viel bewirken.

Detlev Kluge ist Agile Coach bei der Bauer Xcel Media und seit Jahren in der agilen Community aktiv. Sein Hauptinteresse gilt dem „Faktor Mensch” in der Arbeitswelt und er sucht immer nach Prozess-Verbesserungen und Organisations-Weiterentwicklungen. Meetings – und deren Verbesserung – sind für Detlev immer wieder ein Thema.

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Sie haben Rückfragen zum Thema? – Melden Sie sich gern bei Kevin Finner.

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