„XING beschäftigt sich stark damit, ein guter Arbeitgeber zu sein“

Kerstin Walkert
Kerstin Walker, veröffentlicht am 26. Juli 2019
Manager Corporate Communications / redaktionelle Leitung Bauer Media Blog

Welche Parallelen gibt es zwischen einem digitalen Publisher und Netzwerkunternehmen wie XING und einem Medienhaus? Wir trafen John Strauch, Senior Manager Strategic Cooperations XING, um Faktoren wie Zielgruppenexpertise, Unternehmenstransparenz und Diversity unter die Lupe zu nehmen.

John Strauch war bei Gruner+Jahr im Bereich Business Cooperations unter anderem für die Financial Times Deutschland tätig. „Die wollten wir retten und wir wussten: das wird eng“, sagt er heute. Danach war der gebürtige Hannoveraner für Capital, Business Punk und 11 Freunde zuständig – John ist nicht nur ein Print-Kenner, sondern regelrecht -Liebhaber. Vor vier Jahren wechselte er zu XING, dem Karrierenetzwerk, das seit sieben Jahren anteilig zum Münchner Verlag Burda digital gehört.

John, Du hast XING News mit aufgebaut?

John Strauch: Mit den XING News haben wir von Anfang an neue Content-Ideen verwirklicht: Heute gehören dazu die XING Branchennewsletter, die täglich verschickt werden und die XING Newsseiten, die Redaktionen und Verlage nutzen können, um ihre Inhalte auf der Plattform zu teilen und die dann reichlich geklickt werden – das Newspage-Prinzip. Die Ergänzung war schließlich XING Klartext, unser eigenes Publishing-Produkt. Jeden Tag wird dort eine neue Debatte gespielt mit externen Autoren, mit Experten zu verschiedenen Themen, aber auch mit sehr meinungsstarken XING-Mitgliedern. Da werden manchmal sehr, sehr lange Kommentare geschrieben. Und dann werden die Kommentierenden gefragt, ob sie zu einem Thema einen eigenen Artikel verfassen möchten. Dieser wird dann in XING Klartext ausgespielt. Die XING News sind eine Redaktion, sie produziert Nachrichten – insofern sind sie ein Publisher auf der Plattform XING.

Die Nähe zu den Kunden – wertvolles Wissen über die eigenen Zielgruppen: Targeting liefert Infos

Vom News-Bereich ins B2B-Management: Welche Aufgaben hast Du heute als Senior Manager Strategic Cooperations?

Viele mittelständische Firmen sind noch nicht sehr weit im Bereich Digitalisierung. Sie brauchen eine digitale Plattform. Damit haben wir den Gesprächseinstieg, fragen etwa: ,Sind Sie im Vertrieb schon richtig digitalisiert? Targetieren Sie Ihre B2B-Kunden effektiv?´. Wir können die komplette Palette an Lösungen im B2B-Bereich anbieten. Das ist es, was wir bei Business Cooperations beratungsintensiv machen. Manches Mal statten wir den gesamten Vertrieb mit XING Premium aus, damit alle Geschäftskontakte des Kunden im Laufe eines Tages gepflegt werden. Und wenn sie eine spannende Information haben, die geteilt werden kann, wird sie via XING Nachricht weitergeschickt oder die Kunden laden Ihre Kontakte zu einem spannenden Event ein. Unser Ziel ist es, unsere Plattform zu einem Teil des B2B-Geschäftsmodells der Kunden zu machen.

Targeting ist auch bei Bauer Media DIE Methode, mit der wir nicht nur Print- und Digital-Inhalte planen – denn wir wollen nachhaltig und systematisch die Qualität steigern mit dem Ziel, noch bessere Produkte zu machen, die optimal die Bedürfnisse unserer Kunden bedienen. Hierfür nutzen wir die Daten aus den best4planning-Studien*, die es uns beispielsweise ermöglichen, Werbebotschaften unserer Kunden in zielgruppenrelevanten Medien und Titeln auszuspielen. Mit dem Wissen aus den Markt Media Studien stützen wir gleichzeitig unsere Zielgruppenexpertise und wir analysieren im Umkehrschluss auch das Leserverhalten** – und Digital die Loyalität der Nutzer – bis ins Detail…

Wie geht Kundenbindung bei Euch?

… auch XING als größtes professionelles Netzwerk im deutschsprachigen Raum profitiert davon, dass wir eine enge Beziehung zu unseren 16 Millionen Mitgliedern in Deutschland, Österreich, der Schweiz haben. Unsere Kunden loggen sich ein, wenn Sie nach beruflichen Informationen, neuen Kontakten oder beruflichen Herausforderungen suchen. Das ist ein großer Unterschied zu einem anonymen User, der mit Ad-Blocker und verschlüsselter IP-Adresse auf der Publisher-Page vorbei surft. Keine Log-Ins zu generieren war aus meiner Sicht eines der großen Versäumnisse klassischer Verlage. Man hätte weiterhin alle News umsonst rausgeben können, aber eben nur mit einem E-Mail-Login. Dann wäre es leichter gewesen, gezielt E-Mails zu verschicken und so eine Anzeigenkampagne, andere Produkte, Inhalte oder Services zum Kunden zu verlängern.

Nun ist XING aktuell dabei, sich als New Work SE umzufirmieren.

Das Unternehmen XING ist heute weit mehr als das professionelle Netzwerk. Bei uns wurden neue Marken wie HalloFreelancer aufgebaut und wir haben Unternehmen wie kununu oder Honeypot übernommen. Durch die anstehende Umfirmierung machen wir New Work noch viel sichtbarer zur Klammer um all unsere Aktivitäten: New Work bedeutet für uns die Digitalisierung von Arbeitsprozessen, demographischen Wandel und ein anderes Selbstverständnis der nachwachsenden Generation: Arbeit wird sich grundlegend verändern. Wir wissen, dass neue Jobs entstehen, dass Strukturen demokratisiert werden, dass die Anspruchshaltung von jungen Leuten der Generation Z enorm steigt. Wir akzeptieren, dass die Menschen gerne mit einem Hund ins Büro kommen oder von Zuhause arbeiten wollen. Und wir wissen, dass sie gerne mal das Gehaltsband einsehen würden, in dem sie sich bewegen. Das machen wir möglich.

Ist Transparenz also eines Eurer wichtigen Merkmale?

Wenn ich auf meine bisherigen Arbeitgeber blicke, ist Transparenz wirklich ein Merkmal, bei dem sich XING unterscheidet. Jeden Freitag um 12 Uhr berichtet beispielsweise in einem gestreamten Company-Meeting unser Vorstand, was in der Woche passiert ist. Einzelne Leuchtturmprojekte werden vorgestellt, neue Produkte präsentiert und Initiativen im Unternehmen beleuchtet. Es sind immer zwei, drei Präsentationen. Im Anschluss folgt dann das das so genannte ,Mentor-Meter´ und das ,kununu-Meter´.“  Die gesamte Woche monitoren wir ein Voting-Tool, in das wir das komplette Team seine Meinung hineinschreiben kann. Die Statements, die dort für diskussionsbedürftig erachtet werden, werden hochgewählt wie bei Reddit. Alle Kollegen können sich damit einmal in der Woche die Frage stellen: ,Wie gut waren wir zuletzt darin, unsere Kunden glücklich zu machen?‘ Was nach oben gewählt wird, greift der Vorstand auf und diskutiert es. Selbstverständlich ist alles anonymisiert.

Auch Bauer geht in dieser Hinsicht neue Wege: Wir greifen wichtige Themen in Town Hall Meetings auf, beleuchten die Next Steps der Unternehmenstransformation und ermöglichen es Kolleginnen und Kollegen, Fragen zu stellen, die sie beschäftigen. Apropos: Du hast die anonymisierte Gehaltstransparenz bei XING angesprochen, ein Thema das sicher viele Angestellte brennend interessiert. Wie geht Ihr damit um?

Ja, dieser Realitäts-Check ist vielen Mitarbeitern wichtig. In den diversen Geschäftsbereichen gibt es verschiedene Funktionen, innerhalb derer besteht die Hierarchieebene – vom Senior Vice President über die Direktoren bis zum Junior Manager. Jede Funktion ist erst einmal abgebildet, man kann Charts aufrufen und sieht in jedem Funktionsbereich ein Gehaltsband der marktüblichen Gehälter. So erfährt man, was etwa ein Marketingmanager in einem bestimmten Bereich verdienen kann. Und innerhalb dieses Gehaltsbandes sieht man einzelne anonymisierte Punkte, sobald vier Kolleginnen oder Kollegen in den Bereich fallen. Da weiß dann jeder Kollege selber: ,Ah, der Punkt bin ich‘, und er sieht wie er im Vergleich zu den anderen Gehaltspunkten liegt. Im nächsten Entwicklungsgespräch kann das zur Sprache gebracht werden.

Wie wichtig ist Euch Diversity?

Bei XING arbeiten knapp 60 verschiedene Nationalitäten an Standorten in Hamburg, München, Wien, Valencia, Porto, Barcelona. Wir haben Kollegen aus Griechenland, der Ukraine oder Brasilien und es wird, auch in Hamburg, Englisch gesprochen. Wir haben gleichwohl Ausbaupotential was die Geschlechter-Diversity angeht. Dafür gibt es ein Programm, das sich gezielt damit auseinandersetzt, die Firma besser sensibilisiert, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen – die sogenannte Female Leadership Journey.

John Strauch von XING, Kerstin Walker, Leitung Corporate Blog der Bauer Media Group, und Andreas Wrede

Welche Rolle spielt das Employer Branding?

Die Werkstudenten, die Praktikanten, die Young Professionals – wer eine entsprechend gute Ausbildung hat, kann sich heute den Arbeitsplatz aussuchen. Am Ende geht es besonders um persönliche Wertschätzung. So gibt es bei uns eine Young Professionals GmbH. In ihr sind alle Studierenden beschäftigt, unabhängig davon, ob sie Werksstudent oder Praktikant sind, dort gibt es regelmäßige Routinen: Die Studenten treffen sich zum Lunch oder der Vorstand geht am Abend mit ihnen eine Pizza essen. Es gibt bei uns den sogenannten Persönlichen-Entwicklungs-Dialog, den jeder Mitarbeiter hat – auch die Studenten. Es ist wichtig, sie im gleichen formalen Raum wie ein echter Mitarbeiter zu behandeln. Auch darüber hinaus beschäftigt sich XING sehr stark damit, ein guter Arbeitgeber zu sein. Das zeigen wir dann natürlich gerne auch nach außen.

Inwieweit ist spürbar, dass Ihr seit sieben Jahren zu Burda gehört?

Als börsennotiertes Unternehmen agiert XING natürlich unabhängig. Nur meine Gehaltsabrechnung kriege ich scheinbar aus einer zentralen Abrechnungsabteilung (lacht)! Burda ist Mehrheitsgesellschafter mit etwas über 50 Prozent. Der Rest von XING gehört Investoren oder ist im Streubesitz.

Du hast viele Jahre beruflich die unterschiedlichsten Print-Titel mit verantwortet: Welche Magazine oder Bücher nimmst Du mit in den Urlaub?

Ich nehme Magazine, Bücher und meinen Kindle mit. Ich mag amerikanische Sachbücher, die im Bereich Start-Up-Management oder Selbstführung angesiedelt sind. Im Abo haben meine Frau und ich das Manager-Magazin und Capital. Ansonsten kaufe ich mir hin und wieder den Spiegel, der gehört irgendwie dazu. Ich lese auch viel Zeitung – Süddeutsche und FAZ. Ich bin bereit, regelmäßig Geld für journalistische Qualität auszugeben. Was nicht bedeutet, dass ich nicht den ganzen Tag irgendwelche Online-News lese. The Verge finde ich sehr stark oder Re/code, wenn man noch im Tech-Bereich unterwegs sein will. Bei The Information lese ich regelmäßig die kostenlosen Stücke, bei TechCrunch schaue ich öfter vorbei. Man muss sich einfach für das Heute und Morgen dauernd und umfassend informieren.

Die best4planning-Studie* der GIK Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung untersucht Zielgruppen und ihre Mediennutzung sowie Konsumgewohnheiten und Markenpräferenzen. b4p-Daten werden durch klassische Media-Forschung erhoben und basieren auch auf Statements aus umfassenden mündlich-persönlichen Interviews. Bei der Abfrage der Mediennutzung werden 185 Zeitschriften, 60 Tageszeitungen, zehn TV-Sender, alle MA-Radiosender, Plakat, Kino und 783 Websites, 390 mobile Angebote und 198 Apps ausgewiesen. Die Nutzung sozialer Netzwerke wird ebenfalls berücksichtigt. Die Studie zeigt auf, welche Motivationen, Einstellungen und Bedürfnisse Konsumenten haben: Wertvolle Infos, die aus dem Klickverhalten von Nutzern nicht erkennbar werden.

Mit den Studien best4tracking** wird die Wirkung von Werbekampagnen untersucht. Sie evaluieren die Entwicklung der KPIs von Marken aus allen relevanten Branchen und analysieren durch ihren crossmedialen Ansatz, der alle Mediengattungen berücksichtigt, auch die Mediennutzung. Mediaverantwortliche erfahren damit nicht nur die Anzahl der Kontakte, die ein Befragter mit einer Kampagne hatte, sondern auch, über wie viele Medienkanäle eine Zielgruppe erreicht wurde.

Im XING-Headquarter Hamburg trafen sich Kerstin Walker, der Journalist Andreas Wrede und John Strauch zum Interview.

John Strauch studierte Medienmanagement am Institut für Journalistik und Kommunikations-forschung in Hannover sowie an der Hamburg Media School. Als Trainee bei Gruner + Jahr lernte er die klassische Verlagswelt kennen und schätzen. Später betreute er als Key Account Manager Geschäfts-Kooperationen für die Financial Times Deutschland und die Magazine Capital, Impulse, Börse Online und den Business Punk. Im Bereich Business Cooperations plante und vermarktete er Großkunden-Kooperationen, die über das reine Anzeigen- und Vertriebsgeschäft hinausgingen. Bei XING arbeitet John als Senior Manager Strategic Cooperations.

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