Sustainable Fashion liegt im Trend. Das Motto lautet: weniger und mit Bedacht kaufen, ausgewählte Stücke weitergeben oder „Do it yourself!“. Wie steht MADAME zu nachhaltiger Mode für High-Fashion? In der ersten Ausgabe des MADAME-Podcast spricht Chefredakteurin Petra Winter Klartext.
Petra Winter, was können wir tun, um mit unserer Mode einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten?
Petra Winter: Die britische Designerin Vivienne Westwood hat es auf den Punkt gebracht: “Buy less, choose well and do it yourself“. Kaufe weniger, suche sorgfältig aus und leg selbst Hand an – also gib alte Kleidungsstücke zum Schneider, um daraus etwas Neues zu machen.
Ist nachhaltige Mode nur im Luxussegment zu finden? Die kann sich ja nicht jede leisten.
Die größeren Fast Fashion-Marken bieten teilweise sogenannte Kapsel-Kollektionen wie H&M mit der Conscious Collection. Die Teile haben meist nur einen geringen Anteil von Bio-Baumwolle oder recycleten Stoffen. Ich denke, dass nachhaltig shoppen bedeutet, sich für kleinere Labels zu interessieren, die genau mit dem Anspruch auf Nachhaltigkeit antreten. Oder auch: Lieber Klassiker als Trendteile kaufen. Die halten sich bekanntlich länger im Kleiderschrank.
Haben Labels mit nachhaltigen Siegeln wie „organic“ oder „vegan“ eine wichtigere Bedeutung denn je?
Ja, wer bewusst einkaufen möchte, sollte sich schon intensiver mit der Herstellung von Mode und Accessoires beschäftigen. Es gibt großartige Websites, die Sustainable Fashion zu ihrem Thema gemacht haben: die deutsche Plattform The Wearness beispielsweise. Dort erfahre ich mehr über alle möglichen Siegel wie Zero Waste-Mode und Organic Fashion.
Warum spricht man gerade überhaupt so viel über sustainable fashion?
Die Textilproduktion hat sich seit dem Jahr 2000 durch das Aufkommen von Fast Fashion verdoppelt. Dank günstiger Kopien von Luxusmarken kaufen wir jetzt die doppelte Menge, tragen sie aber nur noch halb so lange. Das hat gravierende Folgen für den CO2-Ausstoß: Die weltweite Fashion-Industrie ist für acht Prozent der Treibhausgase verantwortlich — das ist mehr als Schifffahrt und Luftfahrt zusammen. Mehr als 90 Prozent unserer Kleidung kommen aus Asien und verursachen dort durch vergiftete Flüsse und Trinkwasser gewaltige Umweltschäden. Und: Jährlich landen laut Greenpeace in Deutschland etwa 1,3 Millionen Tonnen Bekleidung auf dem Müll. Die ersten Länder wie Afrika schränken die Einfuhr aus den Kleidercontainern ein – weil die Qualität der Billigklamotten für den Wiederverkauf zu schlecht ist.
Welche Haltung haben Sie als MADAME-Chefredakteurin? Sollten wir unser Kaufverhalten grundlegend überdenken?
Unser Konsumverhalten muss sich ändern. Wir sollten bewusster kaufen oder uns auch ab und zu dem Konsum verweigern. Wir haben als Verbraucher die Macht, Dinge grundlegend zu ändern. Das beste Beispiel ist die eingeschweißte Gurke aus dem Supermarkt. Wenn die niemand kauft, wird sie auch nicht mehr angeboten. Und wenn wir alle so handeln, ist der Effekt riesengroß. Das gilt nicht nur für Food, sondern auch für Fast Fashion.
Gebrauchte Kleidung weitergeben: Wie halten Sie es persönlich?
Mein neunjähriger Sohn bekommt wenig neue Kleidung, weil wir im Freundeskreis vieles untereinander weiterreichen. Und meine Freundinnen, meine Schwester und meine Mutter freuen sich über all die Kleidungsstücke, die ich regelmäßig aus dem Kleiderschrank aussortiere. Ein großer Trend, den ich in diesem Zusammenhang sehr schätze, sind Vintage Fashion Plattformen wie Vestiaire Collective. Da kann man selbst seine Schrankleichen verkaufen oder sich neu einkleiden mit Vintage Mode.
Stellen Sie ein Umdenken bei den Herstellern hin zu nachhaltiger Produktion fest?
Ich beobachte, dass sich Modemarken immer mehr für eine nachhaltige Produktion öffnen. Es wird zum Beispiel wieder mehr Hochwertiges in Europa produziert. Dass sich Sustainable und High Fashion nicht länger ausschließen, zeigen kreative, deutsche Labels wie Rianna + Nina sowie Frauke Gembalies.